Zuerst Flaute und dann Starkwind in der Strasse von Bonifacio

Im letzten Blog vom 01.05.2018 haben wir über das Sturmtief geschrieben und aufgezeigt, wie wir Wetterinformationen beziehen und interpretieren. Zusätzlich zu den Quellen vom Deutschen Seewetterdienst und Meteo France nutzen wir auch PredictWind für die detaillierte Wind und Seegangsinformationen. Auch PredictWind bestätigte die Starkwinde von Nord/Nordwest und den damit verbundenen signifikanten Seegang. Allerdings hat es auch aufgezeigt, dass wir auf unserer geplanten Strecke zuerst im Windschatten der korsischen Gebirge sind und in der Düse von Bonifacio ab Freitag Starkwinde von der anderen Seite (Ost) zu erwarten sind.

Unsere Gäste Corinne und Thomas sind am Mittwoch pünktlich bei uns angekommen. Nach einer guten Flasche Wein beschlossen wir, der "Windschatten-Theorie" zu glauben und uns am nächsten Morgen auf den Weg nach Propriano zu machen. Davon später mehr, zuerst noch etwas über Ajaccio... beim durchkreuzen der Stadt erinnerte sich Roland wieder an eine Aussage von einem Arbeitskollegen: "nach Ajaccio musst du nicht gehen"... wir können diese Aussage nachvollziehen. Hier trotzdem ein paar schöne Impressionen:

Wie erwähnt, ging es am anderen Tag weiter. Tatsächlich war die Wetterprognose ziemlich präzis: Bewölkung, teilweise etwas Regen, Flaute und dann noch etwas Wind zum Segeln, bevor wir in Propriano anlegten und ein feines Abendessen genossen. Dabei beschlossen wir dann auch, am anderen Tag gleich weiterzusegeln. Einerseits ist in Priopriano nicht gerade der Bär los und anderseits sagten unsere Wetterinformationen zunehmenden Starkwind aus Ost in der Düse von Bonifacio voraus. Bei Flaute aber starkem Seegang mit 3-4m hoher Dünnung von den Starkwinden aus Nord und den aufkommenden Windwellen aus Ost machten wir uns auf den Weg in die Strasse von Bonifacio.

Etwa 5 Seemeilen vor Bonifacio erhielt die etwas vom Seegang gezeichnete Crew einen Adrenalin-Schub: Eine Dringlichkeitsmeldung der korsischen Rettungskoordinationsstelle an alle Schiffe! Ein  Segelboot südwestlich von Korsika (also irgendwo bei uns in der Nähe) hatte wegen eines Motorschadens die Dringlichkeitsmeldung abgesetzt. Da wir die Position des Segelbootes nicht genau mitbekommen hatten und auch keine Reaktion über Funk kam, hat Roland das MRCC Corse per Telefon angerufen, um ggf unsere Hilfe anzubieten. Es stellte sich heraus, dass sich das Segelboot ca 50 Seemeilen von uns entfernt in der Starkwindzone befindet und es besser geeignete Abschleppschiffe in den korsischen Häfen in der Nähe gibt.

In den letzen 3 Seemeilen pfiffen uns Böen bis zu 7 Bft um die Ohren und da wir sie genau auf der Nase hatten, beschlossen wir die Segel nicht mehr auszupacken. Die Einfahrt nach Bonifacio entschädigte uns für den starken Seegang und den zum Teil strömenden Regen. Die Zufahrt ist von See kaum zu erkennen. Erst ganz zum Schluss schieben sich die Kreidefelsen auseinander und geben eine spektakuläre Einfahrt frei!

Bonifacio ist ein Ort, indem man einmal im Leben mal gewesen sein muss. Die atemberaubende Kulisse mit den steilen, teilweise von der Brandung unterspülten Kreidefelsen und der darauf thronenden Zitadelle mit der Altstadt ist schlicht sensationell!

Etwas traurig mussten wir uns heute von Corinne und Thomas verabschieden. Wir "trösteten" uns mit einem Lauf über den Spazierweg auf den Kreidefelsen zum Leuchtturm Pertusato. Bei einem Besuch von Bonifacio ist dieser Panoramaweg ein absolutes Muss! Vom Leuchtturm konnten wir auch noch einen Blick auf unsere nächsten Reiseziele erhaschen: die Inseln Cavallo und Lavezzi mit ihren traumhaften Ankerbuchten.